Walter Benjamins Essay über Goethes Roman Die Wahlverwandtschaften hat wie kaum ein anderer Text im 20. Jahrhundert die Gattung der philosophisch-ästhetischen Literaturinterpretation geprägt. In ihm durchdenkt Benjamin – im Rekurs nicht nur auf Goethe – grundlegende Probleme sowohl der Literaturtheorie, Ästhetik, Ethik und Erkenntnistheorie als auch der Theologie und der Gesellschaftstheorie. Der Band markiert Voraussetzungen von Benjamins Argumentation, schlüsselt in Einzelbeiträgen systematisch Problemkonstellationen auf und untersucht die Denkfiguren des Essays. Er ermöglicht so eine kritische Auseinandersetzung mit einem der faszinierendsten theoretischen Werke der Klassischen Moderne.

Helmut Hühn leitet die Forschungsstelle Europäische Romantik sowie das Schillersche Gartenhaus und die Goethe-Gedenkstätte der Friedrich-Schiller-Universität Jena.

Jan Urbich ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel.

Uwe Steiner ist Professor am Department of German Studies der Rice University in Houston (USA). Im Suhrkamp Verlag gab er zuletzt heraus: Walter Benjamin, Werke und Nachlaß. Kritische Gesamtausgabe, Bd. 3: Der Begriff der Kunstkritik in der deutschen Romantik (2008).

Benjamins
Wahlverwandtschaften

Zur Kritik einer
programmatischen
Interpretation

Herausgegeben
von Helmut Hühn,
Jan Urbich
und Uwe Steiner

Suhrkamp

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eBook Suhrkamp Verlag Berlin 2015

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Umschlag nach Entwürfen von Willy Fleckhaus und Rolf Staudt

eISBN 978-3-518-74048-4

www.suhrkamp.de

Inhalt

Siglenverzeichnis

Helmut Hühn und Jan Urbich
Einleitung: Benjamins Wahlverwandtschaften-Essay

Teil I. Denkfiguren

Uwe Steiner
Exemplarische Kritik. Anmerkungen zu Benjamins Kritik der Wahlverwandtschaften

Joachim Jacob
Theorie und Begriff des Schönen bei Benjamin

Jan Urbich
Das Ausdruckslose. Zur Dialektik des Scheins bei Benjamin

Alexander Honold
Benjamins Konzept des Tragischen

Sigrid Weigel
Treue, Liebe, Eros. Benjamins Lebenswissenschaft in »Goethes Wahlverwandtschaften«

Tilo Wesche
Glück in Benjamins Wahlverwandtschaften-Essay

Teil II. Einflüsse, Entgegensetzungen und Wechselwirkungen

Peter Fenves
Kant in Benjamins Wahlverwandtschaften-Essay

Astrid Deuber-Mankowsky
Explizite und implizite Bezugnahmen auf Hermann Cohens System der Philosophie in Benjamins Wahlverwandtschaften-Aufsatz

Jörg Zimmer
»Nur um der Hoffnungslosen willen ist uns die Hoffnung gegeben«. Erläuterungen zu Benjamin und Bloch

Thomas Isermann
Stern der Liebenden. Zum Motivkomplex »George« in Benjamins Essay »Goethes Wahlverwandtschaften«

Gerhard R. Kaiser
Die »rechtskräftige Aburteilung und Exekution des Friedrich Gundolf«. Polemik im Wahlverwandtschaften-Essay

Teil III. Benjamin und Goethe

Helmut Hühn
»Einsicht in einen Lichtkern des erlösenden Gehalts« Benjamins Wahlverwandtschaften-Essay im Spiegel der Goethe-Forschung

Uwe Pörksen
Goethe als in sich selbst versunkene mythische Natur? Die Wahlverwandtschaften sind ein Experiment vielseitiger Aufklärung

Stephan Pabst
Der sowjetische Goethe. Benjamins Enzyklopädie-Artikel »Goethe« im Verhältnis zu seinem Wahlverwandtschaften-Aufsatz

Teil IV. Rezeption

Achim Geisenhanslüke
Kritik des Mythos. Benjamins Wahlverwandtschaften-Aufsatz in neueren literatur- und kulturwissenschaftlichen Lektüren

Eckart Goebel
Adornos Kästchenwahl

Über die Autorinnen und Autoren

Personenregister

Sachregister

Siglenverzeichnis

Benjamins Texte werden, wenn nicht anders angegeben, zitiert nach: Walter Benjamin, Gesammelte Schriften, unter Mitwirkung von Theodor W. Adorno und Gershom Scholem hg. von Rolf Tiedemann und Hermann Schweppenhäuser, 7 Bde., Frankfurt/M. 1991, unter Angabe von Band (röm.) und Seitenzahl.

ÄrG Hermann Cohen, Ästhetik des reinen Gefühls, Hildesheim 2005 (= Werke, Bd. 8 und 9).

ErW Hermann Cohen, Ethik des reinen Willens, 2., revidierte Auflage, Hildesheim 1981 (= Werke, Bd. 7).

GA Ernst Bloch, Gesamtausgabe in 16 Bänden. Mit einem Ergänzungsband: Tendenz – Latenz – Utopie, Frankfurt/M. 1978.

GB Walter Benjamin, Gesammelte Briefe, hg. im Auftrag des Theodor W. Adorno-Archivs von Christoph Gödde und Henri Lonitz, 6 Bde., Frankfurt/M. 1995-2000.

HA Johann Wolfgang von Goethe, Werke. Hamburger Ausgabe, hg. von Erich Trunz, 14 Bde., München 1977.

LrE Hermann Cohen, Logik der reinen Erkenntnis, 2. Aufl., Hildesheim 1977 (= Werke, Bd. 6).

WA Goethes Werke. Weimarer Ausgabe, hg. im Auftrag der Großherzogin Sophie von Sachsen, Weimar 1887-1919.

WuN Walter Benjamin, Werke und Nachlaß. Kritische Gesamtausgabe, im Auftrag der Hamburger Stiftung zur Förderung von Wissenschaft und Kultur herausgegeben von Christoph Gödde und Henri Lonitz in Zusammenarbeit mit dem Walter Benjamin Archiv, Frankfurt/M. 2008 ff.

WV Johann Wolfgang von Goethe, Die Wahlverwandtschaften, in: ders., Sämtliche Werke, Briefe, Tagebücher und Gespräche. Frankfurter Ausgabe, Bd. 8, hg. von Waltraud Wiethölter, Frankfurt/M. 1994, S. 269-530.

Helmut Hühn und Jan Urbich
Einleitung: Benjamins Wahlverwandtschaften-Essay

I. Der Wahlverwandtschaften-Essay im Kontext des philosophischen Goethe-Diskurses zu Beginn des 20. Jahrhunderts

Von Walter Benjamins Essay »Goethes Wahlverwandtschaften«, 1921/22 verfasst, 1924/25 erschienen, ist seit den 1960er Jahren eine suggestive Kraft auf die Literaturwissenschaft ausgegangen. Der Text hat eine zwiespältige Rezeption erfahren, Verehrung wie Verwerfung gleichermaßen hervorgebracht. Anstößig waren nicht nur die Ausdrucksform (der ›obskure Stil‹) und die dunkle Komplexität der Argumentation. Anstößig war auch das Konzept philosophischer Literaturkritik und Kunsttheorie, das in dem Aufsatz entwickelt wird. »Auch in einem trivialen Sinne ist Benjamin aktuell«, hat Jürgen Habermas Anfang der 1970er Jahre aus Anlass von dessen 80. Geburtstag notiert, »an ihm scheiden sich heute die Geister.« Benjamin gehöre »zu jenen unübersichtlichen Autoren, deren Werk auf eine disparate Wirkungsgeschichte angelegt« sei. In seiner Nachzeichnung der Grundlinien eines Werkes, das »auseinanderstrebende Motive verknüpft, aber nicht eigentlich vereinigt«, besteht die Aktualität Benjamins für Habermas in dessen »konservativ-revolutionäre[r] Hermeneutik, die die Geschichte der Kultur unter dem Aspekt der Rettung für den Umsturz entziffert«.[1]

In der Folge sind der Wahlverwandtschaften-Essay und das Trauerspiel-Buch (1928) als Gründungsdokumente der Kulturwissenschaften entdeckt worden. Gegen die starren akademischen Fächer- und Disziplinengrenzen des 19. bzw. frühen 20. Jahrhunderts und gegen die sinnbewahrende Haltung der Neueren Philologien setzt Benjamin eine sinnerweiternde, disziplinenüberschreitende Diskursivität ins Werk, die über den Text als Gegenstand hinausgeht und an ihm die Formationen von Geschichte und Gesellschaft kritisch zu ergründen sucht. Das Kunstwerk wird als Gegenstandsbereich entdeckt, an dem sich, über die subjektiven Intentionen seines Produzenten hinaus, kritisch-objektiver Sinn fassen lässt: Es wird zum Medium geschichtlicher Selbsterkenntnis.

Die Wirkung des Wahlverwandtschaften-Essays in den 1920er Jahren war vergleichsweise bescheiden. Der Aufsatz gehört zum einen in den Kontext der literaturwissenschaftlichen Auseinandersetzungen um die Philologie in der »Epoche der Geistesgeschichte«.[2] Benjamin beklagt 1931 im Kontext seiner Kritik der zeitgenössischen Literaturwissenschaft und -geschichte, verkürzt gesagt, den »geile[n] Drang aufs Große Ganze« und kämpft gegen die »Hydra der Schulästhetik mit ihren sieben Köpfen: Schöpfertum, Einfühlung, Zeitentbundenheit, Nachschöpfung, Miterleben, Illusion und Kunstgenuß« (III, 286). Der Essay gehört zum anderen, wie Karl Robert Mandelkow skizziert hat, in die Geschichte der »genuin philosophischen Annäherung an Goethe«, die die positivistische ›Goethe-Philologie‹ der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts hinter sich lässt.[3] Es ist noch immer ein Desiderat der Forschung, diese Debatten und ihren Zusammenhang genauer zu untersuchen. Ohne den Aufgaben Genüge tun zu können, mag folgende Skizze zur philosophischen Aneignung Goethes zu Anfang des 20. Jahrhunderts hilfreich sein. Mit der Jahrhundertwende rücken ideen- und problemgeschichtliche Betrachtungsweisen in den Vordergrund des philosophischen Goethe-Diskurses. Der Fokus der Aufmerksamkeit verschiebt sich vom Dichter auf den Denker Goethe und dessen ›Weltansicht‹. In neuer Weise angeeignet wird dabei auch Goethes Morphologie und Metamorphosenlehre, die der Diskussion des Formkonzepts in der Klassischen Moderne wichtige Impulse gibt. In dem Sinne einer Versöhnung von »Freiheit« und »Form« in ihrer wechselseitigen Verbindung wird Goethes »Weltansicht« für Ernst Cassirer zum »ideellen Mittelpunkt« der deutschen Geistesgeschichte, deren übergreifende Einheit er 1916 in seinen Studien von Leibniz bis zu Hegel zu rekonstruieren unternimmt.[4] Die philosophischen Goethe-Lektüren widmen sich ‒ auch an Friedrich Nietzsche anknüpfend[5] ‒ besonders der Verhältnisbestimmung von Kant und Goethe im Horizont der deutschen Geistes- und Kulturgeschichte wie der europäischen Aufklärung. Die Resultate sind in der Regel, was Goethe betrifft, affirmativ, suchen die Leser doch ‒ mit Hilfe der Interpretation Goethes ‒ Dualismen der Kantischen Philosophie (wie Begriff und Anschauung, Sein und Sollen) und ‒ ein Erbe Hegels ‒ den Gegensatz von Natur und Geist zu überwinden. Goethes Werk gewinnt im Rahmen der kulturellen Selbstreflexion dieser Zeit eine eigene philosophische Dignität.

Benjamins Essay bildet im Zusammenhang dieser philosophischen Aneignungsversuche eine neue Form grundsätzlicher Kritik aus, die nicht allein dem herrschenden Goethe-Bild und Goethe-Kult gilt. Diese Kritik richtet sich auch auf Goethe selbst, auf die »mythischen Lebensformen des Künstlers« (»Abkehr von aller Kritik«, »Idolatrie der Natur«) und die »mythischen Lebensformen im Dasein des Menschen«. Mit Letzteren sind die Gestalten von »Lebens-« und »Todesangst« Goethes (vgl. I.3, 836) gemeint, die herausgestrichen werden. Es ist der Tod, der Benjamin zufolge »die gestaltlose Panarchie des natürlichen Lebens am meisten« bedroht, die ihrerseits »den Bannkreis des Mythos bildet« (I.1, 151). Die Kritik zielt auf die Erkenntnis und damit zugleich die Aufsprengung des Mythischen. Wahrheit und Mythos werden von Benjamin als Verhältnis »gegenseitiger Ausschließung« gedacht: »Es gibt keine Wahrheit, denn es gibt keine Eindeutigkeit und also nicht einmal Irrtum im Mythos« (I.1, 162). Aufgezeigt werden soll, dass das Selbstverständnis Goethes als Künstler und Zeitgenosse ungeklärt ist. Blinde Flecke, mythische Befangenheiten und Restriktionen seines Denkens sollen in seinem Werk aufgewiesen werden. Benjamins Lektüre oszilliert zwischen der Anerkennung der dichterischen Größe Goethes, an der sich die Interpretation abarbeitet, und einer Infragestellung seiner ›Weltanschauung‹ und ihrer Rolle im Formierungsprozess der modernen bürgerlichen Gesellschaft. Nach seiner materialistisch-marxistischen Wende Ende der 1920er Jahre wird Benjamin folgerichtig die an Goethes Wahlverwandtschaften entwickelten kritischen Begriffe (Mythos, Schein) in Beschreibungskategorien des entfremdeten Bewusstseins in der Epoche des Kapitalismus übersetzen (Ware, Phantasmagorie, Traum).

Von der im weiteren Sinne zeitgenössischen lebensphilosophischen Aneignung Goethes grenzt sich Benjamin ab. Das gilt nicht nur für die Dilthey-[6] und die George-Schule, sondern auch für das Goethe-Buch von Georg Simmel (1913),[7] dem Benjamin noch 1932 in einer Rückschau auf »Hundert Jahre Schrifttum um Goethe« in der Rubrik »Das philosophische Goethebild« seine Anerkennung zollt: Es sei die »spannungsreichste und für den Denker spannendste Darstellung, die Goethe gefunden« habe. Bei Simmel fänden sich »die wertvollsten Hinweise« auf die »dialektische Struktur« einer »zukünftigen Goethe-Darstellung« (II, 339).

Simmel hatte Friedrich Gundolfs Goethe-Buch von 1916, das Benjamin im Essay für seine gesteigerte Polemik auswählt, 1917 wohlwollend rezensiert: Es verbinde in neuer Weise Leben und Werk und mache gerade »das Exemplarische der Goetheschen Existenz für unsere eigene bewusst«.[8] In einem Dankesbrief an Gundolf für die Übersendung der Arbeit heißt es: »Die Formel Ihres Problems scheint mir zu sein: welche Art von Leben ist es jeweils, das sich in dem einzelnen Werk ausdrückt?«[9] Sucht Gundolf mit dem programmatischen Begriff der »Gestalt« nach einer zeitenthobenen Anschauung der Einheit von Goethes Leben, Wesen, Werk und Wirkung,[10] so unternimmt es Simmel, das »Goethesche Leben, diese Rastlosigkeit von Selbstentwicklung und Produktivität, auf die Ebene des zeitlos bedeutsamen Gedankens« zu projizieren: »Dazu müssen freilich die Linien allenthalben über die Grenzen seines Denkens und Schaffens selbst hinaus verlängert werden, weil nur so Art und Weite ihrer Bedeutung ermessen werden kann.«[11] Über Gundolf hinausgehend, betont Simmel die bleibende Herausforderung der kulturellen Auseinandersetzung mit Goethe: »Die Antwort der Kulturwelt auf Goethe« sei »kein einmaliges Dogma, sondern ein unendlicher Prozeß«.[12]

Leben und Werk Goethes will Benjamin anders als Gundolf nicht vermischen, sondern unterscheiden und historisieren. Es sei das proton pseudos »in fast aller neuern Philologie […], von dem Wesen und vom Leben ausgehend die Dichtung als Produkt aus jenen wenn nicht abzuleiten, so doch müßigem Verständnis näher zu bringen«. Benjamin stellt heraus, »daß der einzige rationale Zusammenhang zwischen Schaffendem und Werk in dem Zeugnis besteht, das dieses von jenem ablegt« (I.1, 155). Deswegen sucht er in seiner Auslegung nicht an den »Sinn des Dichters« anzuknüpfen, sondern entschieden an den »seines Werks« (I.1, 140). »Verhängnisvoll« erscheint ihm Gundolfs Interpretation gerade ihrer remythisierenden Tendenzen wegen, weil sie »dasjenige, was [in Goethes Werk] dem Mythos zu entwachsen begonnen, verwirrend in denselben zurückbiegt« (I.1, 163). Die Kritik an Simmels lebensphilosophischer Aneignung Goethes und ihren Idealisierungen entwickelt Benjamin auf dem Weg einer ethisch-theologischen wie zugleich gesellschaftlich-geschichtlichen Reflexion der Lebensphilosophie. Hatte Simmel die Transzendenzbewegung des vitalen von der des geistigen Lebens kategorial abgehoben,[13] so differenziert Benjamin seinerseits im Essay zwischen dem »natürlichen« und dem »übernatürlichen Leben« (I.1, 139).[14] Einspruch erhebt er aber gegen Simmels Interpretation des Goetheschen Wahrheitsbegriffs. Im Rahmen des negativistischen Ansatzes, den Benjamin vertritt, ist Wahrheit »an sich nicht sichtbar« und kann demzufolge auch Schönheit nicht als »die sichtbar gewordene Wahrheit« (I.1, 194 f.) verstanden werden. Wichtige Motive der Auseinandersetzung mit Simmel verdankt Benjamin Hermann Cohen, der Kant wie Goethe als Bündnispartner für eine geistige Emanzipation des Menschengeschlechts und für die Vermittlung von deutscher Philosophie und Poesie mit jüdischer Religion in Anspruch genommen hat. Benjamin entwickelt in seinem Essay die Perspektive einer radikalen Kritik bürgerlichen Bewusstseins, die Goethe wie Kant gilt. Es ist die Kritik der historischen Erfahrungs- und Erkenntnisformen, die ihre Basis in der »gesamteuropäische[n] Aufklärung« haben: »Denn genau um die Zeit, da Kants Werk vollendet und die Wegekarte durch den kahlen Wald des Wirklichen entworfen war, begann das Goethesche Suchen nach den Samen ewigen Wachstums« (I.1, 126).

Im Medium dieser doppelten Kritik, die Goethes Werk als defizitäre Antwort auf den Szientismus und Naturalismus aufklärerischer Transzendenzkritik liest, entfaltet Benjamin sein eigenes Denken. Er wählt hierzu ein prominentes Werk aus, das in den philosophischen Aneignungsversuchen Goethes nach der Jahrhundertwende ‒ mit Ausnahme von Cohen[15] ‒ nur eine Nebenrolle spielte: den Roman Die Wahlverwandtschaften von 1809. Kritisch verfährt der Essay zunächst im antiken Sinn, insofern er ›scheidet‹ (krinein), d. h. in der Arbeit am Begriff Unterscheidungen trifft und Unterschiede hervorhebt. Benjamin eignet sich die von Kant inaugurierte Erkenntnis- und Vernunftkritik genauso an wie die hermeneutisch-exegetische Kunst- und Literaturkritik der Romantiker, der sich bereits die Dissertation gewidmet hatte. Er verbindet beide Traditionen im Essay mit einer Zeitdiagnostik und Kritik der gegenwärtigen Gesellschaft, die die soziale Gewalt mythischer Lebensverhältnisse herausarbeitet. In der Form des Essays kann Benjamin, was für seine Arbeiten insgesamt charakteristisch ist, das Erkenntnissubjekt mit dem Erkenntnisobjekt verschränken. Diese Verschränkung ist zugleich eine historische, die auf die Aktualität der Literaturkritik zielt. »Denn es handelt sich ja nicht darum, die Werke des Schrifttums im Zusammenhang ihrer Zeit darzustellen«, heißt es 1931, »sondern in der Zeit, da sie entstanden, die Zeit, die sie erkennt ‒ das ist die unsere – zur Darstellung zu bringen« (III, 290). Der Wahlverwandtschaften-Essay ist ein erster Schritt auf dem Weg der Herausbildung und Realisierung eines solchen Programms von Kritik.[16]

Zu Beginn der Untersuchung markiert der Interpret in einer dichten und bildstarken Erörterung der Methode die grundsätzlich philosophische Ausrichtung seiner Deutungspraxis, der sich (entgegen den Gewohnheiten im Genre der Klassiker-Auslegungen) die philologische Dimension unterordnet: »Die vorliegende Literatur über Dichtungen legt es nahe, Ausführlichkeit in dergleichen Untersuchungen mehr auf Rechnung eines philologischen als eines kritischen Interesses zu setzen« (I.1, 126). Das im Zentrum stehende Werk soll als Medium eines »Gehalts« verstanden werden, der auf dem Weg der Kritik seiner mythischen Momente philosophisch zu artikulieren ist. »Wahrheitsgehalt« und »Sachgehalt« sind die beiden ›Schichten‹ im Bedeutungsgeschehen, mit deren Differenzierung Benjamin den Geltungsanspruch literarischer Werke wie den ihrer philosophischen Kritik zu entfalten sucht: »Die Kritik sucht den Wahrheitsgehalt eines Werkes, der Kommentar seinen Sachgehalt« (I.1, 125). Die Goethe-Arbeit etabliert ein Modell, das Theodor W. Adorno in der Geschichte kritischen Denkens ausgezeichnet hat: »Immanente Kritik – ihr großartigstes Modell, am großartigsten Gegenstand, ist die Benjaminsche der Wahlverwandtschaften – verfolgt die Brüchigkeit kanonischer Gebilde in ihren Wahrheitsgehalt hinein.«[17]

II. Metaphysisch-sprachphilosophische Prämissen der Methode und Theorie der Kritik

Benjamin macht in dem Essay die eigenen Voraussetzungen (und vielfach auch die Quellen, auf die er sich bezieht) nicht hinreichend transparent. Eine Kritik, welche darauf zielt, am Gegenstand der Wahlverwandtschaften-Auslegung Benjamins literaturkritische Vorgehensweise zu verdeutlichen und zugleich auf den Prüfstand zu stellen, muss diese Voraussetzungen zum Thema machen und aufzuhellen versuchen. Methode, Anlage und Theorie der Literaturkritik, wie sie der Essay entwickelt, gründen nicht zuletzt in metaphysischen wie sprachphilosophischen Prämissen. Diese werden als »Überzeugung« in einem Brief an Hugo von Hofmannsthal vom 13. Januar 1924 ausgesprochen. Hier wendet sich Benjamin strikt gegen die Instrumentalisierung der Sprache:

Jene Überzeugung nämlich, daß jede Wahrheit ihr Haus, ihren angestammten Palast, in der Sprache hat, daß er aus den ältesten λογοι errichtet ist und daß der so gegründeten Wahrheit gegenüber die Einsichten der Einzelwissenschaften subaltern bleiben, solange sie gleichsam nomadisierend, bald hier bald da im Sprachbereiche sich behelfen, gefangen in jener Anschauung vom Zeichencharakter der Sprache, der ihrer Terminologie die verantwortungslose Willkür aufprägt. (I.3, 819; GB II, 409)

Die kritische Erkenntnis des Romans soll sich orientieren an dem Sinngeschehen, das sich in der Sprache vollzieht, und nicht an dem durch die Sprache Gesagten. Mit der Differenz von ›in der‹ und ›durch die‹ Sprache ist eine Unterscheidung getroffen, die zurückverweist auf Benjamins zu Lebzeiten unveröffentlichten Sprachaufsatz »Über Sprache überhaupt und über die Sprache des Menschen« (1916), in welchem es heißt: Die deutsche Sprache sei »keineswegs der Ausdruck für alles, was wir durch sie – vermeintlich – ausdrücken können, sondern sie ist der unmittelbare Ausdruck dessen, was sich in ihr mitteilt« (II.1, 141). Im Zusammenhang dieser frühen Überlegungen betont Benjamin, es sei »fundamental zu wissen«, dass das geistige Wesen der Sprache »sich in der Sprache mitteilt und nicht durch die Sprache« (II.1, 142). Die instrumentelle, zeichenhafte Funktion von Sprache als »Mitteilung« (II.1, 154) wird herabgesetzt gegenüber einer nichtintentionalen Sprachfunktion, in der sich das Wesen der ›Sache selbst‹ als sprachliches ›zeigen‹ soll. Wahrheit wird demnach zu entkoppeln versucht von der historischen Relativität des ›Meinens‹ (»Geschwätz«, II.1, 154), d. h. von der ideologischen Gewalt von historischen Diskursmächten, und zumindest partiell als ein sich gegen und jenseits von Subjektivität vollziehendes sprachliches Offenbarungsgeschehen verstanden (vgl. II.1, 152-157). Im Zentrum der sprachphilosophischen Unterscheidungen steht dabei Benjamins Theologie des »Namens«: »Der Name ist dasjenige, durch das sich nichts mehr, und in dem die Sprache selbst und absolut sich mitteilt. Im Namen ist das geistige Wesen, das sich mitteilt, die Sprache« (II.1, 144). Der Name als Ausdruck des Wahren in der Sprache kann als das »prägende [sprachliche] ›Prinzip‹« bzw. die »innere [sprachliche] Form« einer Sache verstanden werden: In der Namensgebung soll sich zugleich die »›intensive Totalität‹ der Sprache als solcher« manifestieren.[18] Ebendieser Grund des Wahren im Sprechen ist es, den Benjamin in seiner Kritik der Wahlverwandtschaften freizulegen sucht, gegen das Meinen und Wollen des Autors Goethe.

Die Benjamins Denken fundierende Sprachphilosophie, wie sie im Sprachaufsatz zum Ausdruck kommt, war und ist umstritten. Produktive Bezugnahmen auf sie sind deshalb in der Forschung bisher nur stark verkürzend oder transformativ möglich gewesen, vor allem indem ihre Grundunterscheidung auf eine Theorie des Zusammenhangs von Darstellung und Wissen übertragen worden ist. Benjamins Position erinnert in gewisser Hinsicht an die Ludwig Wittgensteins, der im Tractatus von 1921 eine symbolische Ausdrucksdimension der Sprache beschreibt, die in funktionaler Hinsicht Benjamins Differenz von »in« und »durch« die Sprache artikuliert und diesen Unterschied als »Sich-Zeigen« versus »Etwas-Sagen« expliziert.[19] Im Wahlverwandtschaften-Essay wird der Unterschied von »in« und »durch« die Sprache, von Name und Aussage, auf denjenigen von ästhetischer und nichtästhetischer Darstellung projiziert.[20] Benjamin selbst legitimiert eine solche ›Umschreibung‹ seiner sprachtheologischen Kategorien in darstellungstheoretische. Die theologische Orientierung bleibt aber in der Kritik entscheidend. Dem »Mythischen« als der unerlösten Welt, in der es keine Wahrheit gibt, stehen der eine, radikal transzendente »Gott und seine Offenbarung als Mächte der Erlösung und des Wahren gegenüber«.[21]

In der »Erkenntniskritischen Vorrede« erreicht die sprachphilosophisch gewendete Erkenntnistheorie ihre umfassendste Beschreibung, ohne dass sich gegenüber den Einleitungspassagen zum Wahlverwandtschaften-Essay oder dem Sprachaufsatz Wesentliches geändert hätte. Benjamin stellt der nichtintentionalen, sich in Sprache vollziehenden und damit ›konfigurativ‹ darstellenden »Wahrheit« des Namens die instrumentelle, zeichenhafte, satzförmige »Erkenntnis« entgegen (I.1, 209 f., 215 f.): Dieser Unterscheidung korrespondieren grundsätzlich die Differenzen von Wahrheitsgehalt/Sachgehalt und Kritik/Kommentar. Seine frühen sprachphilosophischen, methodologischen und epistemologischen Überlegungen entwickeln sich somit auf der Basis einer nur leicht variierten festen Grundunterscheidung (Wahrheitsgehalt/Sachgehalt, Name/Mitteilung, Wahrheit/Erkenntnis). Die Lektüre der Wahlverwandtschaften überträgt diese Prämissen auf das Feld der Kunsttheorie und der Kunstkritik, indem sie zu zeigen versucht, dass das Kunstwerk als Raum eines Wahrheitsgeschehens verstanden werden kann, das die einem bestimmten historischen Bewusstseinsstand und seinen ›Verblendungen‹ verpflichteten Intentionen des Autors überschreitet. Sprachlich verfasste Kunstwerke manifestieren ihren Sinn als den komplexen Zusammenhang von Bedeutungen in der zeitlichen Entfaltung eines Werkganzen und im Zusammenspiel aller seiner formalen und inhaltlichen Dimensionen als ein irreduzibles Geschehen. Dichterische Kunstwerke sind deshalb, so weiß es die ästhetische und hermeneutische Theorie, nicht reduzierbar auf das durch sie Gesagte. Der Sinn von Kunstwerken ist in den komplexen Zusammenhang ihrer Form eingebunden und muss durch das Verfahren der Kritik erst eigentlich freigelegt werden. So entsteht aber das Problem, in welcher Weise dieser Sinn zu explizieren sei, wenn er sich der einfachen Übersetzbarkeit in die Form von deutenden Aussagen entzieht, und welche Ansprüche die Kritik gegenüber dem Werk behaupten kann. Demgemäß heißt es bei Benjamin:

Also wird allem Schönen gegenüber die Idee der Enthüllung zu der der Unenthüllbarkeit. Sie ist die Idee der Kunstkritik. Die Kunstkritik hat nicht die Hülle zu heben, vielmehr durch deren genaueste Erkenntnis als Hülle erst zur wahren Anschauung des Schönen sich zu erheben […]: zur Anschauung des Schönen als Geheimnis. Niemals noch wurde ein wahres Kunstwerk erfaßt, denn wo es unausweichlich als Geheimnis sich darstellte.« (I.1, 195)

Bis hin zu Adornos Ästhetischer Theorie arbeitet sich die Kunstphilosophie der Kritischen Theorie an dem Problem ab, wie der berechtigte Anspruch verstehender propositionaler Explikation von ästhetischem Sinn mit der Gewahrung von dessen eigensinniger Entfaltung zusammenzudenken sei: »Deshalb bedarf Kunst der Philosophie, die sie interpretiert, um zu sagen, was sie nicht sagen kann, während es doch nur von Kunst gesagt werden kann, indem sie es nicht sagt.«[22]

Eine zweite, ebenso notwendige Seite der Anlage und Theorie der Kritik kommt in Benjamins Wahlverwandtschaften-Essay hinzu: die »kritische Gewalt« des »Ausdruckslosen« (I.1, 181). Diese übt weit weniger Zurückhaltung hinsichtlich der Integrität des Darstellungszusammenhangs: »Dieses [sc. das Ausdruckslose] erst vollendet das Werk, welches es zum Stückwerk zerschlägt, zum Fragmente der wahren Welt, zum Torso eines Symbols« (I.1, 181). Als »erhabne Gewalt des Wahren« und als »moralisches Wort« ist das Ausdruckslose »die kritische Gewalt, welche Schein vom Wesen in der Kunst zwar zu trennen nicht vermag, aber ihnen verwehrt, sich zu mischen« (I.1, 181). Die idealistische Kritik des (schönen) Scheins beerbend, genügt es Benjamin nicht, den integralen, formensprachlichen und in dieser Hinsicht »schönen« Darstellungszusammenhang des Werkes bloß in seiner Geformtheit deutend so zu beschreiben, dass sich ihm gegenüber alle mitteilbaren Sinngehalte als inadäquat erweisen: Zu groß scheint ihm die Gefahr, der trügerischen Seite des Scheins als Verklärung und Verbergung, d. h. als Mythos und Ideologie, zu unterliegen. Benjamin versteht im Rahmen seiner Kunsttheorie das Werk als Formung eines letztlich unbewältigten und regellosen »Chaos«: Diesem Chaos »jedoch wird es nicht, wie nach dem Idealismus der Emanationslehre die geschaffene Welt es tut, sich entringen. Künstlerisches Schaffen ›macht‹ nichts aus dem Chaos, durchdringt es nicht; […] Form jedoch verzaubert es auf einen Augenblick zur Welt« (I.1, 180 f.). In paradoxer Wendung kann das Wahrheitsgeschehen des Romans nur durch den extremen Akt einer Zerschlagung der Form bewusst gemacht und damit, wie Benjamin sagt, vor seiner eigenen formgewordenen mythischen Energie ›gerettet‹ werden. Dem Wahrheitsgehalt korrespondiert gerade keine Form. Deshalb ist er an den Einspruch des im Werk »Ausdruckslosen« gebunden. Das Werk zu »zerschlagen« heißt hier, dessen Wahrheit gegen seine Unwahrheit, seine mythischen Momente zur Geltung zu bringen. Der Kritiker ist bestrebt, die immanente Reflexion des Werkes in seinem »Leben« und »Fortleben« (IV, 170),[23] in seinen Metamorphosen als ein dem Autor- und Epochenbewusstsein überlegenes Wissen von seinen Rändern, beispielsweise von unscheinbaren Ausdrücken oder sonst kaum verwendeten Worten, her aufzuspüren und zu entwickeln; oder gar im Zusammenhang des Werkes Ungesagtes als dessen Grund freizulegen. Eben damit aber, so versucht Benjamin sein Verfahren zu rechtfertigen, bleibe die Kritik gerade der »Idee« (I.1, 87-110, 207-238) treu, die als Wahrheitsgeschehen im Werk aktiv und in der ambivalenten Integrität seiner Darstellung (»Schönheit« und »Schein«) zugleich enthalten und verborgen sei. Die Kritik ›vollendet‹ das Werk, indem sie ihm mit dem Ziel widerspricht, damit zugleich dem ›wahren Sprachgeist‹ des Werkes Genüge zu tun. Der damit verbundene ›Auftrag‹ der Überschreitung von manifesten Werkzusammenhängen ist das problematische Kernstück von Benjamins Kritikbegriff. Die Kritik ermächtigt sich zur deutenden ›Verbesserung‹ des Sinnhorizontes und will sich zugleich durch das Leben des Werkes selbst legitimiert finden. Noch die Überschreitung des Werkes soll in ihm auf verborgene Weise angelegt sein: »Die wahre Kritik geht nicht wider ihren Gegenstand: sie ist wie ein chemischer Stoff[,] der einen anderen nur in dem Sinne angreift, daß er ihn zerlegend dessen innere Natur enthüllt, nicht ihn zerstört«, heißt es in einem Brief an Herbert Blumenthal von Ende 1916 (GB I, 349). Benjamin nimmt die hermeneutische Unterscheidung von »Buchstabe« und »Geist« auf, radikalisiert sie in seiner interpretatorischen Praxis wie in deren geschichtsphilosophischer Legitimation. Intendiert wird, auch latente Sinndimensionen des Werkes, welche seinem buchstäblichen Verständnis widersprechen oder es historisch überschreiten, in der Interpretation als dem Werk zugehörige produktiv zu machen. Zum Problem wird jedoch, wie deren Explikation ‒ jenseits autoritärer Gesten ‒ methodisch und epistemisch gesichert werden kann. Mit seinem Konzept des »Ausdruckslosen« entwickelt Benjamin im Wahlverwandtschaften-Essay eine charakteristische Theoretisierung seiner eigenen Deutungspraxis, die selbst in hohem Maße erklärungs- und begründungsbedürftig bleibt.

III. Das »Leben« des Kunstwerks und die Temporalität des »Wahrheitsgehaltes«

Sach- und Wahrheitsgehalt eines Kunstwerks sind unauflöslich miteinander verbunden, damit zugleich auch Kommentar und Kritik als die Formen ihrer Erschließung. Der Vollzug der Geschichte arbeitet der Kritik vor, die den Wahrheitsgehalt des Werkes auseinanderzusetzen hat: Der geschichtliche Abstand unterminiert die Wirksamkeit des schönen Scheins und der scheinhaften Schönheit. An den Sachgehalt gebunden, ist der Wahrheitsgehalt nicht in derselben Weise von der sich verändernden geschichtlichen Aktualität betroffen wie die Realien, deren Bedeutung der Sachgehalt repräsentiert. Von deren »Grunde« hebt sich laut Benjamin »das Ewige des Werkes« (I.1, 126) ab. Der Wahrheitsgehalt transzendiert die historische Faktizität der Gegenstände, durch die er sich darstellt. Um seine spezifische Temporalität genauer zu erläutern, führt Benjamin in der »Erkenntniskritische[n] Vorrede« zum Trauerspiel-Buch, Anfang 1925 verfasst, eine Unterscheidung von »innen« und »außen« ein:

[D]as in der Idee des Ursprungs Ergriffene hat Geschichte nur noch als einen Gehalt, nicht mehr als ein Geschehn, von dem es betroffen würde. Innen erst kennt es Geschichte, und zwar nicht mehr im uferlosen, sondern in dem aufs wesenhafte Sein bezogenen Sinne, der sie als dessen Vor- und Nachgeschichte zu kennzeichnen gestattet. (I.1, 227)

Die Aktualität des Wahrheitsgehaltes ist nach Benjamin nicht an die Zeit seines Entstehens gebunden und vergeht nicht mit dieser. Vielmehr werde das historische Geschehen in ihm philosophischer Gehalt, d. h. erkennbar auf die bewegenden Prinzipien und Gründe hin. Was die Kritik als wahr erweise, sei die gültige Erfassung geschichtlicher Prozesse und Ereignisse, denen das Werk entspringt. Dieser Gehalt verberge sich hinter dem Sachgehalt wie die Ebenen des übertragenen Sinns in der klassischen Allegorese hinter dem buchstäblichen.

Von hier aus wird erklärbar, warum gerade das Kunstwerk, wie es der Wahlverwandtschaften-Essay vorführt, ausgezeichneter Ort einer solchen Wahrheit sein soll: »Vielmehr gehört gerade die Historizität zu seiner [sc. des Kunstwerks] Besonderheit, so daß einzig die Betrachtungsweise dem Kunstwerk ganz gerecht wird, welche die Geschichte im Kunstwerk, nicht aber die, die das Kunstwerk in der Geschichte zu sehen erlaubt.«[24] Kunstwerken eignet insofern ein »monarchischer Zug«,[25] als die Potentiale ihres Sinngeschehens nicht darin angemessen ausgeschöpft werden, dass man sie nur als Produkte und Abbilder ihrer historischen (gattungsgeschichtlichen, sozialen, weltanschaulichen etc.) Bedingungen begreift. Kunstwerke, so die Hoffnung Benjamins, widersetzen sich zumindest in gewissen Resten der Determination durch historische Mächte und partikuläre individuelle wie kollektive Intentionen. In ihnen kommt Geschichte zur Besinnung: Sie treten aus der Unterwerfung durch katastrophische Mächte historischen Verlaufs heraus, um diesen mit sittlicher Energie ein Bewusstsein anderer Verhältnisse entgegenzustellen. Eben darauf zielt Benjamins Kritik des Romans. In diesem Sinne sucht er in ihm Goethes Ringen um die Loslösung aus dem Bannkreis mythischen Denkens freizulegen und damit zugleich eine bestimmte Signatur des bürgerlichen Zeitalters im Roman zu reflektieren.

Benjamin, und im Anschluss an ihn Adorno, teilen Hegels Idee, dass die Wahrheit einen »Zeitkern«[26] habe, selbst also ein historisches Geschehen und nicht im außer- oder überzeitlichen Sinne ›ewig‹ sei, ohne sie doch damit zugleich ihrer Geltungsansprüche berauben zu wollen.[27] Das Kunstwerk ist in seinen Metamorphosen verbunden mit den geschichtlichen Augenblicken seiner Produktion und seiner Rezeption;[28] das heißt für Benjamin aber nicht, dass dies seine Ansprüche auf eine Erschließung historischer Phänomene desavouiert. Die Kritik sucht den Wahrheitsgehalt als ein Wissen im Werk zu verankern, das aus der Geschichte erwächst und auch durch ihren weiteren Gang nicht einfach zunichtegemacht wird, sondern in seiner ihm eigentümlichen Erschließungskraft mitbedacht werden muss.

Kunstwerke bedürfen des Kommentars und der Kritik um ihres eigenen »Lebens« willen. Das »Leben« des Werkes ist die Entfaltung seines Wahrheitsgehalts. Diese wird eng an eine »Filterung«[29] desselben durch zeitliche Entwicklung gebunden. Das Fortschreiten der geschichtlichen Zeit arbeitet der Entbindung der Wahrheit des Werkes vor. Auf diese Weise begründet Benjamin nicht nur die Annahme, es gebe für die Aufdeckung des Wahrheitsgeschehens zeitliche Bedingungen, die mit der konstitutiven Rolle historischer Nachträglichkeit verbunden sind. Zugleich macht die Rede vom »wachsende[n] Werk als […] flammenden Scheiterhaufen« (I.1, 126) auch klar, dass die mortifikatorische Arbeit der Kritik und ihre Hoheitsansprüche gegenüber dem Werk im zeitlichen Vollzug des geschichtlichen Lebens gründen. Die Kritik ›vollstreckt‹ so das lebendige Prinzip der Geschichte am Werk, indem es seine Wahrheit, die es selbst nur negativ darstellen kann, zur Sprache bringt.

Benjamins Methodologie der Kritik und seine Theorie des Wahrheitsgehalts, wie er sie im Wahlverwandtschaften-Essay entwirft, bewegen sich bewusst auf der Grenze zwischen philologischer Treue zum Gegenstand und philosophischer Transformation seiner Gehalte. Das Modell seines Verfahrens übernimmt Benjamin ‒ trotz aller Differenzen zu dieser – von der romantischen Idee der Kritik: »Vielmehr faßt die Beobachtung nur die aufkeimende Selbsterkenntnis im Gegenstand ins Auge, oder vielmehr, sie, die Beobachtung ist das aufkeimende Gegenstandsbewußtsein selbst« (I.1, 61). Deshalb gilt:

Kritik ist also gleichsam ein Experiment am Kunstwerk, durch welches dessen Reflexion wachgerufen, durch das es zum Bewußtsein und zur Erkenntnis seiner selbst gebracht wird. […] Das Subjekt der Reflexion ist im Grunde das Kunstgebilde selbst, und das Experiment besteht nicht in der Reflexion über ein Gebilde, […] sondern in der Entfaltung der Reflexion, d. h. für den Romantiker: des Geistes, in einem Gebilde. (I.1, 65 f.)

Benjamin versteht Kritik im Wahlverwandtschaften-Essay nicht mehr allein romantisch als bloße Vollendung des Werks gemäß seinen immanenten Qualitäten und Gehalten aus diesem heraus (vgl. GB II, 393[30]), sondern auch als Bewegung äußeren Einspruchs gegen das Werk – aber in seinem Geist. Kritik, die immanent ansetzt, muss, um »diese Immanenz zu entbinden«,[31] zugleich schon je über sie hinaus sein. Bestimmte hermeneutische Maßstäbe der Werktreue und des Gegenstandsbezuges werden aufgelöst und einem übergreifenden Erkenntnisinteresse untergeordnet. Das Vorgehen, »am Gebilde noch durch Abbruch zu bauen« (I.1, 87), das Werk gleichsam im Werk zu zerschlagen,[32] gerät dabei in die Gefahr, seine Gegenstände für die Durchsetzung eigener Zwecke im politischen und geschichtsphilosophischen Kampf zu instrumentalisieren, ihnen im Drang der Aktualisierung etwas zu unterlegen, statt sie auszulegen.

IV. Zu den Beiträgen

Eine kritische Rekonstruktion und Darstellung der Wahlverwandtschaften-Kritik Benjamins ist das Ziel des vorliegenden Bandes. Im Rahmen einer produktiven Auseinandersetzung sollen Prämissen, die Benjamin seiner Lektüre von Goethes Wahlverwandtschaften zugrunde legt, erfasst, in Bezug zu zeitgenössischen Denkansätzen gesetzt und geprüft werden. Im Streben nach Distanz und Klarheit halten die Beiträge an der Erschließung des von Benjamin Gedachten auch dort fest, wo dieses nur sehr bedingt als angemessene Interpretation von Goethes Roman gelten kann. Untersucht werden, gerade auch im Zusammenspiel der einzelnen Aufsätze, die methodologischen, ontologischen, literaturtheoretischen, literatur- und kulturgeschichtlichen sowie metaphysischen Voraussetzungen von Benjamins Argumentation. Herausgearbeitet werden dabei auch unbewusste Affinitäten zu Autoren, Denktraditionen und Begriffsgeschichten, die Benjamins Gedankenführung leiten. Was der Interpret anhand von Goethes Roman unternimmt, nämlich ›Wahlverwandtschaften‹ im Denken des Autors aufzuzeigen, wird hier für Benjamin und seine eigenen Affinitäten versucht, die oft erst in der mikrologischen Untersuchung des Essays sichtbar werden. Ermöglicht werden soll so eine kritische Auseinandersetzung mit einem der faszinierendsten theoretischen Werke der Klassischen Moderne, dessen ›Anziehungskraft‹ gerade auch in den Problemen liegt, die es als ungelöste in sich trägt.

Die Beiträge gliedern sich in vier Abteilungen: Systematisch aufzuschlüsseln sind zunächst grundlegende Figurationen und Konfigurationen des Essays. Benjamins Text ist zwar systematisch, aber nicht eigentlich begrifflich aufgebaut; er greift zwar Begriffstraditionen auf, ändert aber die tradierten Bedeutungen im Gebrauch oft radikal. Er kreist um zentrale ›Denkfiguren‹, d. h. Sinngebungs- und Begründungsmuster, die sich im Vollzug der Argumentation entfalten und doch zugleich verborgen bleiben. Um ihre Validität prüfen zu können, müssen sie also von der Kritik erst deutlich gemacht werden (Teil I: Denkfiguren). Genauer zu analysieren sind auch die intellektuellen Konstellationen, in denen der Aufsatz entsteht. Zu verdeutlichen ist, an welchen philosophischen Positionen sich der Text kritisch und zuweilen auch polemisch abarbeitet, um zu einer eigenen zu finden. Einbezogen werden auch Kontexte, die nur implizit den Gang der Argumentation leiten (Teil II: Einflüsse, Entgegensetzungen und Wechselwirkungen). Zu fokussieren ist die zentrale Auseinandersetzung mit Goethe und seinem Roman besonders im Frühwerk, aber auch über dieses hinaus (Teil III: Benjamin und Goethe). Und zu reflektieren ist schließlich die Rezeptions- und Wirkungsgeschichte des Essays besonders in der Literaturwissenschaft und Philosophie (Teil IV: Rezeption und Wirkung).

Teil I: Benjamin bezeichnet seinen Aufsatz als eine »exemplarische Kritik« (GB II, 208). Exemplarisch ist, wie Uwe Steiner in seinem Beitrag verdeutlicht, schon der Gegenstand der Kritik, der ›klassische Roman‹. Exemplarisch ist auch die theoretische Selbstreflexion der Kritik, die sich ‒ in einer polemischen Wendung gegen die Romantik ‒ den romantischen Grundsatz der Immanenz anzueignen sucht. Schließlich ist Benjamins Kritik der Wahlverwandtschaften exemplarisch auch insofern, als sie nach Maßgabe der Lehre vom »Leben« und »Fortleben der Werke« die Perspektive auf den fundamentalen Wandel der Kunst eröffnet, den die späteren Schriften vor allem mit Blick auf die Rolle der Technik ins Zentrum rücken. Nicht zufällig hat sich Benjamin, wie Steiner herausarbeitet, der interne Zusammenhang seines Werkes immer wieder im Zeichen der zentralen Begriffe der Naturbetrachtung Goethes in einer produktiven Adaption der Idee des Urphänomens und der Metamorphose erschlossen.

Der Beitrag von Joachim Jacob verfolgt die zentrale Bedeutung, die der Begriff des Schönen in Benjamins Wahlverwandtschaften-Aufsatz und dessen Werkkontexten von der Dissertation über die romantische Kunstkritik bis zur »Erkenntniskritischen Vorrede« zum Ursprung des deutschen Trauerspiels annimmt. Es zeigt sich, dass Benjamin das Schöne, ohne es zu verabschieden, vor allem als ein Problem wahrnimmt, wie es für die ästhetische Reflexion der Moderne im Ganzen charakteristisch sei. Die Problematik liegt für ihn vor allem im Scheinhaften und in der Sprachlosigkeit des Schönen. Benjamin sieht in den verschiedenen Phasen seiner Auseinandersetzung das Schöne immer als ›in Bewegung‹ begriffen: als eine messianische Figur, als eine Bewegung der Erfüllung, aber auch als eine Figur des Entzugs und des Geheimnisses.

Das »Ausdruckslose« stellt eine begriffliche Schaltstelle der Grundoppositionen dar, die in Benjamins Philosophie eine wichtige Rolle spielen: Schönheit – Schein, Wesen – Schönheit, Idee – Darstellung, Kritik – Werk. Jan Urbichs Beitrag zeigt in einem ›close reading‹ der philosophischen Passagen des Wahlverwandtschaften-Essays auf, wie dieses Konzept begriffslogisch funktioniert und in welchen verdeckten und offenen Traditionsbezügen dieser Begriff steht. Sichtbar wird, dass das Ausdruckslose den Oppositionen entgeht, die es regulieren soll, indem es jeweils deren Grenzbegriff bildet. Das Ausdruckslose ermöglicht es, die für Benjamin so charakteristischen begrifflichen Ambivalenzen sowohl in ihren polaren Extremen als auch in deren Übergängigkeit ineinander zu beschreiben: Es führt dies schon in der eigenen Bezeichnung vor, indem es die Verneinung des Ausdrucks als Ausdruck zu sein hat. Zugleich zeigt der Aufsatz, dass Benjamin keine einheitliche Begriffsbildung des Ausdruckslosen entwirft, sondern dieses Konzept in verschiedenen Zusammenhängen und Texten mit teilweise weitreichenden Änderungen versehen wird.

Mit dem komplexen Begriffszusammenhang von Tragödie, Tragik und Tragischem hatte sich Benjamin etwa seit 1915 intensiv beschäftigt. Alexander Honold rekonstruiert die Bedeutung dieser Konzepte für die Studie über Goethes Wahlverwandtschaften. Mythische Vorwelt, dämonische Bestimmungsmächte, die unheilvoll magischen Anziehungskräfte zwischen den Hauptfiguren, ihre mit erzählerischer Unerbittlichkeit bis zum Ende verfolgte Todesverfallenheit: All dies, was der Essay aus Goethes Roman prägnant herausschält, ist zwar durchwirkt von Elementen des Tragischen, und doch insistiert Benjamin auf der größtmöglichen Distanz zu diesem Deutungsmuster. Tragik ist für ihn ein historisch und gattungspoetisch zu bestimmender Modus dramatischer Verknüpfung sprachlich zum Ausdruck gebrachter Handlungen. Die Inanspruchnahme numinoser Mächte sowohl durch die Figuren selbst wie durch die späteren Interpreten kaschiert, dass wirkliche Entscheidungen hier niemals von den Menschen getroffen, sondern dem Spiel der Umstände überantwortet werden. Dass die vier Hauptfiguren sich nicht entscheiden können, räumt dem Zufall in ihrem Leben umso größere Macht ein.

Benjamin unterscheidet ‒ grundlegend für den Essay ‒ die Sphären des »natürlichen« und des »übernatürlichen« Lebens. ›Treue‹ bezeichnet das göttliche Moment der Ehe, d. h. ihren »Logos« (I.1, 163). Sigrid Weigel untersucht die Konzeption der Treue vor dem Hintergrund von Benjamins Kritik an dem zweideutigen Gesetzesbegriff in Immanuel Kants Ableitung menschlicher Gesetze aus Gesetzen der Natur und Benjamins Auseinandersetzung mit der Dialektik von Lebens- und Todestrieb in Sigmund Freuds Jenseits des Lustprinzips. Benjamins Begründungen der Ehe aus der Entscheidung zur »übernatürlichen Dauer« der Liebe und seine Bestimmung des Eros für die Überschreitung »natürlicher Unvollkommenheit« der Liebe werden in den Kontext seines Lebensbegriffs gestellt.

Die Tiefenschicht von Goethes Roman erschließt sich laut Benjamin erst in einer Perspektive, unter der Form und Inhalt zur Deckung kommen. Der ästhetische Gehalt der Wahlverwandtschaften betrifft, wie Tilo Wesche darlegt, die Einheit von Moral und Glück. Dass Moral und Glück zum Einklang gelangen, setze jedoch die Anerkennung ihrer grundsätzlichen Antinomie voraus. Gelingendes Leben erfülle sich als Zweck erst dann, wenn das Wohlbefinden anderer als Zweck geachtet wird. Dieser Antinomie, so Wesche, werde durch eine narrative Form Rechnung getragen, die sich, im Sinne eines ästhetischen Negativismus, auf eine Darstellung des Scheiterns beschränkt. Solches Scheitern werde von den Romanfiguren auf je eigene Weise verkörpert; ihnen misslinge es aus jeweils anderen Gründen, Moral und Glück auszubalancieren. Insbesondere dem Erzählen verfehlten Lebensglücks wächst nach Benjamin die Erschließungskraft für ein Glück zu, das hält, was es verspricht, weil es die Achtung anderer einbezieht.

Teil II: Benjamins Essay beginnt mit einer Analyse der kantischen Lehre des Eherechts aus der Metaphysik der Sitten, wendet sich dem flüchtigen Hinweis auf die Theorie der Schönheit aus der Kritik der Urteilskraft zu und schließt mit einer Überlegung im Horizont der berühmten kantischen Frage: »Was darf ich hoffen?« Peter Fenves zeigt, wie sich Benjamin im Wahlverwandtschaften-Essay durchgängig mit Immanuel Kant auseinandersetzt. Fenves untersucht, wie Benjamin in Zwiesprache mit Kant die Idee der Kritik ausfindig macht, wie er die kantische Unterscheidung zwischen »Phänomenon« und »Noumenon« in diejenige zwischen »Sachgehalt« und »Wahrheitsgehalt« umbildet und wie er die kantische Erkundung einer rechtfertigbaren Hoffnung des einzelnen Subjekts transformiert in die Frage, worauf »wir« nicht nur hoffen dürfen, sondern müssen.

Dreimal nennt Benjamin den 1918 verstorbenen Philosophen Hermann Cohen und dessen Schriften zur Ästhetik explizit in seinem Wahlverwandtschaften-Essay. Nicht weniger relevant sind jedoch, wie Astrid Deuber-Mankowsky zeigt, die impliziten Bezugnahmen auf Cohens Ethik in der Interpretation von Mythos,